«Jedes Unternehmen sollte Open Innovation betreiben»

Eine Offenheit gegenüber Ideen – das benötigt ein Unternehmen, das Open Innovation betreibt. Die AXA ist ein solches und arbeitet seit Jahren mit Start-ups zusammen, um verschiedenste Problemstellungen innovativ zu lösen. Claudia Bienentreu, Head Open Innovation bei der AXA erklärt im Interview, welche Bedeutung Open Innovation für die AXA hat und wieso sich diese externe Suche nach Innovationslösungen auch für kleine Unternehmen lohnen kann.

Frau Bienentreu, wie erklären Sie einem Laien, was Open Innovation ist?
Claudia Bienentreu: Beim Open-Innovation-Ansatz geht es meist darum, Innovation von aussen ins Unternehmen zu holen. Das heisst, mit Partnerunternehmen gemeinsam innovative Produkte und Services zu entwickeln. Das bedingt eine gewisse Offenheit, Agilität und eine Vertrauensbasis zwischen den beiden beteiligten Unternehmen.

Inwiefern fördert die Digitalisierung Open Innovation?
Durch digitale Plattformen wie LinkedIn oder auch Programme wie Kickstart kommt man heute viel schneller und unkomplizierter in Kontakt mit Innovationspartnern. Auch die Einbindung von Kundenfeedbacks in Innovationsprojekte funktioniert digital sehr gut.

Seit 2018 leitet Claudia Bienentreu die «AXAnauten», so nennt sich das Open Innovation Team der AXA.

Wie wird dieser Open-Innovation-Ansatz bei der AXA angewandt?
Wir arbeiten systematisch mit externen Innovationspartnern zusammen – oft sind das Start-ups – die uns mit neuen, digitalen Lösungen begeistern. Wir suchen auch gezielt nach Start-ups, die bereits eine Lösung für die von uns identifizierten Problemstellungen entwickelt haben.

Welche Strategie und Schwerpunkte verfolgt die AXA mit Open Innovation?
Wir haben die Themenfelder Mobilität, Gesundheit und Vorsorge, sowie Services für KMU als Schwerpunkte festgelegt. Im letzten Jahr starteten wir mehr als zehn Pilotprojekte mit verschiedenen Start-ups, um herauszufinden, ob sich deren Lösungen bei der AXA, beziehungsweise bei unseren Kunden, gewinnbringend einsetzen lassen.

Können Sie uns einen Einblick in ein solches Pilotprojekt geben?
Aktuell arbeiten wir beispielsweise mit dem Start-up kinastic aus Winterthur zusammen. Mit dem «kinastic Coach» bietet kinastic eine App, welche die Themen mentale Gesundheit, Ernährung und Bewegung miteinander verknüpft und individuell zugeschnittene Programme für Mitarbeitende in Unternehmen zur Verfügung stellt. Im Pilotprojekt haben bei der AXA versicherte Unternehmen die Chance, kinastic kostenlos ihren Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen. Wir möchten damit die Teilnahmebereitschaft und die Attraktivität dieser Gesundheitspräventions-App testen.

Wie muss man sich dabei Ihren Arbeitsalltag vorstellen?
In einer ersten Phase führen wir viele Kundeninterviews durch, um ein bestimmtes Thema wie zum Beispiel «mentale Gesundheit» besser zu verstehen. Dann suchen wir online, in unserem eigenen Netzwerk und in Start-up-Datenbanken nach geeigneten Partnerfirmen. In Workshops und vielen Gesprächen prüfen wir dann, wie eine allfällige Zusammenarbeit aussehen könnte. Um eine mögliche Problemstellung zu eruieren und zu verstehen, führen wir viele Kundeninterviews durch, betreiben Marktforschung und klären das bestehende Marktangebot ab. Diese Analysephase dauert in der Regel um die drei Monate. Haben wir uns dann für einen potenziellen Lösungsansatz entschieden, starten wir zusammen mit einem Start-up einen Pilotversuch, um zu erfahren, wie die Lösung bei unseren Kundinnen und Kunden ankommt und welcher Mehrwert entsteht. Nach dem Abschluss dieser Pilotphase – etwa sechs bis neun Monate später – planen wir die weiteren Schritte sowie die allfällig längerfristige Partnerschaft mit dem betreffenden Start-up.

Wie kommt man als Winterthurer Star-Up auf den Radar der AXA? Gibt es dazu Förderprogramme?
Nein, diese gibt es nicht. Auf unserer Website ist aber ersichtlich, in welchen Bereichen wir gerade Start-ups suchen und wie man mit uns in Kontakt treten kann. Aktuell beschäftigen wir uns stark mit dem Thema Nachhaltigkeit und sprechen mit Start-ups, die digitale Lösungen in diesem Bereich anbieten.

Arbeiten Sie auch mit Hochschulen zusammen?
Ja, das tun wir immer wieder. So führen wir beispielsweise verschiedene Forschungsprojekte mit unterschiedlichen Hochschulen durch. Aktuelle Themen können wir aber leider nicht kommunizieren.

Lohnt sich Open Innovation nur für Grossunternehmen oder können auch KMU davon profitieren?
Open Innovation kann und sollte eigentlich jedes Unternehmen betreiben, denn eine gewisse Offenheit gegenüber Ideen und Innovation von externen Partnern kann in jeder Hinsicht hilfreich sein.

 

Interview: Linda Stratacò, Februar 2022

Im Rahmen eines Open-Innovation-Pilotprojekts können bei der AXA versicherte Unternehmen die App des Winterthurer Start-ups
kinastic kostenlos nutzen.