«Wir möchten ein Festival für alle sein»

Die Winterthurer Musikfestwochen sind eines der ältesten Pop- und Rockfestivals Europas und ein Highlight im Schweizer Festivalsommer. Während eineinhalb Wochen bietet das liebevoll gestaltete Festival im Herzen der Altstadt eine Auswahl an verschiedensten Konzerten von neuentdeckten bis weitbekannten Musiker/-innen. Lotta Widmer ist unter anderem für den Bereich Nachhaltigkeit bei den Musikfestwochen zuständig und gibt einen spannenden Einblick in ihre Tätigkeit.

Lotta Widmer von den Winterthurer Musikfestwochen. Foto: Andri Kaufmann Janutin

Foto: Thomas Gerstendörfer

Foto: Andrin Fretz

Was bedeutet für die Winterthurer Musikfestwochen Nachhaltigkeit?
Nachhaltigkeit bedeutet für uns Verantwortung – denn es braucht jetzt Massnahmen, damit es morgen noch Festivals gibt. Zudem möchten wir ein Festival für alle sein. Uns ist wichtig, das Thema Nachhaltigkeit immer ganzheitlich zu betrachten und somit alle Dimensionen wie Umwelt, Soziales und Wirtschaft miteinzubeziehen. Nachhaltigkeit ist ein Prozess, der bei uns bereits vor einigen Jahren gestartet ist. Mit früh eingeführten Massnahmen wie etwa der Umstellung auf Mehrweggeschirr und -besteck oder dem Buchen von Bands, die sowieso auf Tour sind, bemühen wir uns schon länger darum, Vorbild und Vorreiterin zu sein.

Was wird dieses Jahr im Bereich Nachhaltigkeit neu gemacht?
Letzten Herbst haben wir zusammen mit einem Ingenieurbüro eine umfassende Ökobilanzierung gemacht. Anhand des ermittelten Fussabdrucks konnten wir unsere grossen Hebel identifizieren. Bis anhin lag der Hauptfokus unserer Massnahmen im Bereich der Ökologie. Dies wollen wir dieses Jahr ändern, indem die soziale Nachhaltigkeit ausgebaut wird: Etwa indem wir ein «Awarenesskonzept» umsetzen, ein Konzert in Gebärdensprache verdolmetschen und uns selbst weiterbilden, um bewusster Barrieren auf unserem Festivalgelände abzubauen. Dies machen wir zusammen mit Fachpersonen und/oder Betroffenen, da wir selbst diese Perspektiven und Expertise nicht im Team haben. Aber auch im Bereich der Ökologie haben wir neue Massnahmen: Wir übernehmen 50% der Zugkosten, wenn eine Band dafür auf das Flugzeug oder das Auto verzichtet, und wir veranstalten das Festival zum ersten Mal komplett CO2-neutral. Aber auch hier wollen wir transparent sein: Das geht nicht ohne Kompensation. Wir halten uns an den Leitsatz: Zuerst Verhinderung, dann Verminderung und erst dann Kompensation der verursachten Emissionen.

Was sind die grössten Herausforderungen, wenn ein Festival in dieser Grösse nachhaltig organisiert wird?
Es braucht viel Zeit, Geld und Anstrengung. Zeit, um sich einzulesen und weiterzubilden, zu analysieren, sich mit anderen Veranstaltern auszutauschen, im Team zu diskutieren, Massnahmen zu planen und diese dann nach dem Festival zu evaluieren. Und Geld, um die eben erwähnte Zeit zu entlöhnen, wo nötig Expertise einzuholen und die Umsetzung der Massnahmen zu bezahlen. Dazu kommt, dass wir auch als nicht-gewinnorientierter Verein wirtschaftlich bleiben und unsere alltägliche Arbeit nicht vernachlässigen sollten. Ideen und Massnahmen gibt es viele, doch deren Umsetzung ist nicht immer einfach. Manchmal scheitert es am Budget, manchmal an internen Meinungsunterschieden und wieder ein anderes Mal an den Kapazitäten.

Persönlicher Tipp von Lotta Widmer wie du als Festival-Besucher/-in nachhaltig mitmachen kannst: Komm zu Fuss, mit dem Velo oder den ÖV an unser Festival und suche dir ein leckeres Vegi-Menü aus – wir haben eine tolle Auswahl.

Interview: Florence Zimmermann